Liegt der Konjunktiv im Sterben?

Noch einmal Agonie 

„Noch haben wir […] diese „Möglichkeitsform“, den Konjunktiv, und können auf diese Weise unterscheiden zwischen dem, was wirklich ist, und dem, was geschehen könnte. Aber in hundert Jahren werden wir diesen Unterschied nicht mehr machen können, denn der Konjunktiv […] stirbt langsam aus.“ Diesen (zu frühen) Abgesang stimmte Ludwig Reiners 1943 in seiner „Stilkunst“ an. Mehr als die Hälfte der prognostizierten hundert Jahre sind schon vergangen und weder ein plötzliches Ableben noch ein langsames Siechtum unseres Konjunktivs ist zu befürchten.  

Veränderung statt Tod 

Stattdessen wandelt er sich in seiner Form und in seinen Funktionen. Häufiger als früher werden die Konjunktiv II-Formen mit „würde“ gebildet. Der Grund dafür liegt einerseits darin, dass diese Form ökonomischer (leichter zu bilden) ist und andererseits klingen Formen wie „beföhle, flöhe, bewöge, schmölze, verhülfe“ usw. recht antiquiert.  

Hochburgen des Konjunktivs 

Das derzeit wichtigste Anwendungsgebiet des Konjunktivs ist die Nachrichtensprache, die sich mit seiner Hilfe in der indirekten Rede vom Gesagten distanziert. Mit der Verwendung der Konjunktivformen soll eine Aussage nur wiedergegeben werden – eine Gewähr für ihre Richtigkeit ist nicht inklusive. Inwiefern Leser und Hörer die Signale bei Verwendung des Konjunktivs wahrnehmen, ist eine andere Frage.

 

Pingbacks and trackbacks (2)+

Kommentar schreiben

Loading