Tempusse, Visas und Abstraktums

... Pluralbildung heute  

Die Pluralbildung im Deutschen ist kompliziert. Muttersprachler merken das üblicherweise nicht, außer wenn es sich um Fremdwörter handelt. Da wird es plötzlich zunehmend komplizierter und es tauchen Formen wie Modusse, Genusse, Internas oder Visas auf.

Die Schwierigkeiten bei der Pluralbildung von Fremdwörtern führen dazu – und das ist ein Beweis für die besondere Flexibilität unserer Sprache, dass Wörterbücher Doppelformen einführen und sowohl die Stammflexion (z.B. Globen; identisch mit der Pluralform der Ausgangssprache) als auch die Grundformflexion (z.B. Globusse; Eingliederung in ein Pluralparadigma des Deutschen) verzeichnen. 

Beispiele hierfür sind etwa:

  • Atlas – Atlanten/Atlasse
  • Espresso – Espressi/Espressos
  • Pizza – Pizze/Pizzen/Pizzas
  • Konto – Konti/Konten/Kontos
  • Komma – Kommas/Kommata usw.

Andere Fälle der Analogiebildung dagegen sind systemwidrig wie die oben erwähnten Genusse, Visas, Tempusse, Modusse, Astraktums usw.

Kein Grund zur Aufregung  

Oft wird Bedauern darüber ausgedrückt, dass der Plural von Fremdwörtern „falsch“, d.h. einem deutschen Paradigma entsprechend, gebildet wird. Dem muss mit Bedauern ob des Unwissens entgegengehalten werden, dass der Prozess der Aufnahme von Fremdwörtern und der Eindeutschung ihrer Pluralformen schon einige Zeit währt. Oder benützt heute noch jemand Praxeis (statt Praxen), Radii (statt Radien), Epē (statt Epen), Alba (statt Alben) oder Villae (statt Villen)? Eben.

Buchtipp: Helmut Glück/Wolfgang Sauer: „Gegenwartsdeutsch“

 

 

Kommentare (3) -

  • Hallo Babara, als Beispiele für Pluralformen wäre auch das Plural zu Datum und Status interessant. Wir haben vor kurzem recherchiert, aber Daten ist für uns Informatiker zu zweideutig, gibt’s was Besseres? lg aus Graz- alexander
  • Hallo Alexander,
    ich muss dich enttäuschen: "Daten" steht sowohl für den Plural des Kalenderdatums als auch für Zahlenwerte und Informationseinheiten. Es handelt sich um eine eingedeutschte Pluarlform. "Daten" setzte sich seit Beginn des 19. Jahrhunderts langsam gegen die lateinische Pluralform "Data" durch (die aber ebenfalls beide Bedeutungen hatte).
    Der Plural von "Status" folgt der lateinischen U-Deklination und bleibt gleich wie der Singular: Status. Umgangssprachlich trifft man auch auf die Form "Statusse", die eine Eindeutschung der Pluralform einläuten könnte.

    Ganz liebe Grüße nach Graz,
    Barbara
  • Hallo allerseits!
    Ich kämpfe seit ca 3 Jahren (unterschwellig) an meinem Arbeitsplatz dafür, dass sich die KollegInnen schön langsam von den 'Stati' zu den 'Status' bewegen...ein äußerst schwieriges Unterfangen, kann ich nur sagen - fast jeder will mich mit seinen (spärlichen oder Asterix-bezogenen) Lateinkenntnissen eines Besseren belehren!
    Liebe Grüße aus dem verregneten Graz
    Christine

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