Lebensmensch, Krocha und Wachteleierkoalition

Österreich wählt ein Unwort zum Wort des Jahres 2008 

Das österreichische Wort des Jahres 2008 steht fest und das Ergebnis ist durchaus erstaunlich: Platz 1 belegt nämlich ausgerechnet das Wort, das in beiden Kategorien – sowohl als Wort als auch als Unwort des Jahres – angetreten ist: „Lebensmensch“. Es handelt sich dabei eigentlich um ein durch und durch positiv besetztes Wort und bezeichnet in seiner Grundbedeutung „den wichtigsten Menschen meines Lebens“.  

Bedeutungsambivalenz 

Seit das Wort im Zusammenhang mit dem Unfalltod des österreichischen FPÖ-Politikers Jörg Haider verwendet und überstrapaziert wurde, hinterlässt es einen herben Nachgeschmack und kann als Paradebeispiel eines plötzlichen Bedeutungswandels gelten. Obwohl die Jury befand, dass seine Bedeutungsambivalenz und sein hoher emotionaler Wert „Lebensmensch“ zum Wort des Jahres 2008 machte, ist ein Gebrauch des Wortes ohne seinen fragwürdigen Kontext nicht mehr möglich. Deshalb wurde es auch von einer nicht unerheblichen Anzahl von WählerInnen als Unwort des Jahres klassifiziert, wo es auch tatsächlich besser aufgehoben gewesen wäre.  

Die weiteren Platzierungen

Den zweiten Platz sicherte sich „Krocha“, ein neues österreichisches Wort, das eine städtische Jugendbewegung bezeichnet, die im letzten Jahr stark in Mode kam. Auf Platz drei landete ebenfalls eine Wortneuschöpfung, nämlich „Wachteleierkoalition“. Es wurde im Wahlkampf geschaffen, um die ökonomische Sinnhaftigkeit der Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel in Frage zu stellen, die zehn Ausnahmen auf sogenannte Luxuslebensmittel wie Wachteleier vorsah. 

Unwörter und Spruch des Jahres 2008

„Gewinnwarnung“ (Platz 1), „Heimatpartei“ (Platz 2) und „Kulturdelikt“ (Platz 3) sind die österreichischen Unwörter des Jahres. Die Fußball-Europameisterschaft im Juni hat in Österreich auch ihre sprachlichen Spuren hinterlassen. Der Spruch des Jahres 2008 stammt von Teamchef Josef Hickersberger und erklärt das schlechte Abschneiden der österreichischen Nationalmannschaft: „Wir haben unsere Stärken trainiert, deswegen war das Training heute nach 15 Minuten abgeschlossen.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, außer dass der Spruch für die Jury in bester literarischer Tradition der österreichischen Selbstironie steht.

Kommentare (2) -

  • Hallo,
    ein sehr interessanter Beitrag!
    Finde auch, dass Lebensmensch in dem Kontext ein Unwort ist!

    Gibt es eigentlich schon ein deutsches Wort des Jahres?

    mfg, Silvia
  • Hallo Silvia,

    ja, das deutsche Wort des Jahres steht auch schon fest: Es ist "Finanzkrise". Ein Unwort des Jahres wurde meines Wissens noch nicht gekürt.

    Liebe Grüße,
    Barbara

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